Anne Ortner

Anne Ortner

Kurzvita

Seit 2015 Christoph-Martin-Wieland-Stipendiatin der Universität Erfurt und beteiligte Nachwuchswissenschaftlerin der „Laborgruppe Kulturtechniken“ (Erfurt/Weimar/Gotha)

2013-2014 wissenschaftl. Mitarbeiterin am Kunsthistorischen Institut der Universität zu Köln

2010-2013 wissenschaftl. Mitarbeiterin am Internationalen Kolleg für Kulturtechnikforschung und Medienphilosophie Weimar (IKKM)

2008 binationaler Diplomabschluss: „Europäische Medienkultur“, Bauhaus-Universität Weimar

„Maîtrise en Information-Communication“, Université Lumière – Lyon 2

Publikationen

Aufsätze

Kulturelle Mikrokosmen. Die Wunderkammer als Migrations- und Schwellenraum, in: Migration der Dinge. Kulturtransfer und Wissenszirkulation in Zeitaltern der Globalisierung, hg. von Claudia Tittel, Weimar 2017, 102–114.

Übersetzungen

Christa Blümlinger, Entfaltungen des Einzelbilds, in: Display / Dispositiv. Ästhetische Ordnungen, hg. von Ursula Frohne, Lilian Haberer und Annette Urban, Paderborn 2019, 205–222.

Catherine Malabou, Kryptowährungen oder der anarchistische Turn des zeitgenössischen Kapita­lismus, in: Zeitschrift für Medien- und Kulturforschung 10 (2019), H. 2, 97–108.

Ann McGrath, Die digitalen Fußspuren der Tiefengeschichte, in: Mikrozeit und Tiefenzeit, hg. von Fried­rich Balke, Bernhard Siegert und Joseph Vogl, Paderborn 2019, 85–101.

Harold A. Innis, The Coming of Paper (oder wie das Papier das Abendland eroberte), in: Migration der Dinge. Kulturtransfer und Wissenszirkulation in Zeitaltern der Globalisierung, hg. von Claudia Tittel, Weimar 2017, 85–101.

Antoine Hennion, Die Kunst der Berührung. Über das zu hervorzubringende Werk, in: Auf Tuch­fühlung. Eine Wissensgeschichte des Tastsinns, hg. von Karin Harrasser, Frankfurt/Main New York 2017, 95–103.

Nichtigkeits-kunde(n). Physiologische Texte zwischen Universalwissenschaft und Kulturindustrie

Im französischen Roman der 1830er­ – 1890er Jahre wird der Mikrokosmos der Sammlung zum Ausgangspunkt und Experimentierfeld neuer poetischer Strategien: Von Balzac bis Huysmans werden Sammelpraktiken zur Grundlage neuartiger narrativer Verfahren und Techniken des Beschreibens, die sich durch ihren auffälligen Einsatz von Kleinformen auszeichnen (z.B. physiologische Skizze, Tableau und Szene, rhetorischer Gemeinplatz, Einschub, Aphorismus und Zitat, Poetik der Liste). Ihre literarischen Sammelszenen bewegen sich zwischen Kosmographie (totalisierende Gesamtschau) und Mikrographie (Kartierung des Kleinsten). Sie entwerfen sowohl große Zimmerwelten als auch mikroskopische Ordnungsräume, die medien- und kulturgeschichtlich zwischen Enzyklopädie und Album, Interieur und Museum liegen. Gleichzeitig wird Literatur selbst zum Gegenstand populärer Sammelpraktiken. In der Blütezeit der „Kollektionen“, des Feuilletons und der Einführung von Kundenbindungsstrategien (z.B. Abonnements), aber auch vor dem Hintergrund einer florierenden Handbuch- und Dictionnaire-Kultur und sogenannter ›Panoramawerke‹, ist Literatur kulturtechnisch betrachtet immer auch „Sammelliteratur“. Sie wird von ihren Lesern ganz materialiter gesammelt und fungiert andererseits selbst bereits als physische (Ver)Sammlungsform, die sich aus intermedialen Zitatpraktiken, Techniken des Re-Editierens und Zusammen-Lesens, des Kompilierens und Kommentierens speist und sich in ihren Kompositionsprinzipien nicht selten an konkreten räumlichen Sammlungsparadigmen orientiert.

Bei dieser doppelten Praxis der Kollektion setzt das Projekt an: Es fragt nach den Wechselwirkungen zwischen den Kulturtechniken der Sammlung und dem Entwurf moderner Poetologien am Kreuzungspunkt von textbasierten und dingbasierten Wissenskulturen, anthologischem, physiognomischen und physiologischem Wissen. Es geht davon aus, dass (literarischer) Mikrokosmos und kleine Form konstitutiv aufeinander angewiesen sind und widmet sich den spezifischen ästhetischen und epistemologischen Spannungsverhältnissen und Eigendynamiken, die daraus entstehen.

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