Workshop
06/12 – 07/12/2018
Barock ›en miniature‹: Literarische Kleinformen des Barock und ihr Nachleben
Humboldt-Universität zu Berlin
Unter den Linden 6
Beratungsraum 2249a
Epigramm, Epitaph, Emblem, Sonett, Fazetie – das literarische Barock ist gesättigt von kleinen Formen, die in der ‚Litteratur’ der Frühen Neuzeit vor der Ausdifferenzierung des Sozialsystems Kunst in enger Relation stehen zur Produktion und Zirkulation von Wissensbeständen. Dabei vollzieht sich die Hinwendung zum Kleinen/Kleinteiligen in ästhetischer wie epistemologischer Hinsicht vor dem Hintergrund der Kopernikanischen Wende, den Auswirkungen der Erfindung des Buchdrucks und dem Dreißigjährigen Krieg als maßgebliche historische Konstellationen. Die Spannung aus fundamentalem Ordnungsverlust und der bis ins Manieristische gesteigerten künstlerischen Ordnungslust in der gelehrten deutschsprachigen Dichtung des 17. Jh. macht diese für eine Reaktivierung durch die Avantgarde der 10er/20er Jahre des 20. Jh. interessant. Ihr Rückgriff auf das Barock als Reflexionsepoche gibt wesentliche Impulse zur Umwertung und der damit einhergehenden (Re-)Konstruktion des Literaturbarock in der Germanistik zu Beginn des 20. Jh.
Ziel des Workshops, der vom Graduiertenkolleg „Literatur- und Wissensgeschichte kleiner Formen” (Humboldt-Universität Berlin) in Kooperation mit dem Department of German Studies (Cornell University Ithaca, NY) organisiert wird, ist eine Annäherung an das Verhältnis von Barock und literarischen Kleinformen in dreifacher Perspektive: 1. soll das Barock im Kontext der Literatur der Frühen Neuzeit betrachtet werden, wobei Fragen nach ästhetischen, ökonomischen und ökologischen Dimensionen kleiner Formen zur Debatte gestellt werden. 2. nimmt sich der Workshop der Bedeutung des Rückgriffes und der damit einhergehenden Ausdifferenzierung von kleinen Formen im Hinblick auf die Begriffsbildung des literarischen Barock als ex post konstruierte kulturhistorische Kategorie an, wobei 3. insbesondere die Verknüpfung von Wissenschafts- und Kunstgeschichte im beginnenden 20. Jh. thematisiert werden soll.
Programm
Donnerstag, 6. Dezember 2018
14:00 Uhr
Pauline Selbig & Matthias Müller: Begrüßung und Einführung
14:30-16:00 Uhr
Anna S. Brasch (Bonn): Literarische Kleinformen in der Kuriositätenliteratur um 1700. Zur Tranformation der kurzen Erzählung im Sammelschrifttum der Frühen Neuzeit (Erasmus Francisci – Eberhard Werner Happel)
Roman Widder (Berlin): »Erzählen in ›Stuecken‹«: Zur Funktion des Schwanks in Grimmelshausens Simplicianischem Zyklus
Claudia Resch (Wien): Kostbahre Kleinodien in literarischen Gebrauchsformen zur Erbauung
(Moderation: Hans Jürgen Scheuer)
16:30 Uhr
Keynote
Christiane Frey (New York): Kleinformate und Monadologie: Leibniz, Benjamin
Freitag, 7. Dezember 2018
09:30-11:00 Uhr
Anita Fajt (Budapest): Gewebe von Freundschaften
Clemens Özelt (Lausanne): Vber dem Schau-Platz. Zur Poetik barocker Trauerspiel-Prologe
Jasper Schagerl (Berlin): Barocke Verkleinerungstechniken: Paper Technology und kleine Form bei Georg Philipp Harsdörffer
(Moderation: Christiane Frey)
11:15-12:15 Uhr
Giulia Frare (Venedig): Barocke Kleinformen bei Alfred Döblin: Eine versäumte Rezeption?
Nils C. Ritter (Berlin): Der Furor der Formen – barocke Störfälle in Franz Werfels Troerinnen
(Moderation: Andreas Solbach)
13:30-15:00 Uhr
Jonas Hock (Regensburg): Argutia und brevitas – Vom Scharfsinn zum Schwulst in Stilideal und literarischer Form
Frédérique Renno (Freiburg): Das Echo in Praxis und Poetik: Melchior Francks Newes Echo (1608) vs. Martin Opitz‘ Buch von der Deutschen Poetery (1624)
Steffen Bodenmiller (Berlin): Auf einen Blick: Die Zurichtung des Emblems im 17. Jh.
(Moderation: Maren Jäger)
15:15-16:15 Uhr
Björn Kühnicke (Cambridge, MA): Kreuze und Trichter. Kaligramme zwischen Barock und Avantgarde
Laetitia Rimpau (Frankfurt am Main): Bewegung – Kraft – Kosmos. Analoge Verfahren in der Poesie von Johannes Kepler und in der Malerei des Futurismus
(Moderation: Hania Siebenpfeiffer)
16:15 Uhr
Abschluss
Organisation: Pauline Selbig & Matthias Müller